Arbeitsprogramm


 
 

Nachdem im vorangegangenen Kapitel die weiteren Ziele des Projekts definiert wurden, wird hier dargestellt, wie diese Ziele zu erreichen sind. Es werden die wesentlichen Arbeitsschritte genannt, die Modellbeschreibung detailliert und die anzuwendenden Methoden näher spezifiziert.

Zur Erstellung der Referenzkonfiguration des Drehgestells als Mehrkörpersystem (MKS) sind die Systemparameter festzulegen. Diese Referenzkonfiguration soll ein komplettes Drehgestell einschließlich zweier radialelastischer Radsätze sowie die vordere Hälfte des Wagenkastens enthalten. Für die Modellierung des Drehgestells und des Wagenkastens werden die Daten aus dem ersten Projektteil übernommen. Der DFG-Referenzdatensatz soll um die den radialelastischen Radsatz betreffenden Daten erweitert werden. Hierbei wird Wert auf die Konstruktionszeichnungen, auf die Beschreibung der Eigenschaften der verwendeten Materialien und dabei insbesondere die des Gummis, auf die Einsatzgebiete, in denen dieser Radsatz erprobt wurde und auf die Dokumentation der aufgetretenen Radscheibenbrüche gelegt. Da einerseits derartige Datenbeschaffungen im allgemeinen langwierig und andererseits eine wesentliche Voraussetzung für das Projekt sind, ist damit so früh wie möglich zu beginnen.

Die Modellierung der Gummizwischenlage soll nach verschiedenen Methoden erfolgen, um dann in einem Vergleich die der Problemstellung am besten angepaßte Variante auswählen zu können. Zunächst erfolgt die Modellierung als diskrete, masselose, nichtlineare Federn und Dämpfer. Dazu sind die Einflußparameter auf die Kennlinien aufzuzeigen und bezüglich ihrer Auswirkung zu bewerten. Die Berücksichtigung der wesentlichen Parameter gewährleistet dann ein hinreichend genaues MKS-Modell der Gummizwischenlage. Dieses Modell ist in die Referenzkonfiguration zu implementieren. Weiterhin soll ein FE-Modell der Zwischenlage erstellt werden, wobei diese Modellierung im Programmsystem ANSYS erfolgt, welches am Institut zur Verfügung steht. Eine besondere Schwierigkeit stellt die Modellierung der Dämpfungseigenschaften im FE-Modell dar. Dazu sind die Koeffizienten des Rayleighschen Dämpfungsansatzes in Abstimmung mit den zuvor modellierten diskreten Federn und Dämpfern und den Kennlinienverläufen des Gummis zu bestimmen. Eine weitere Möglichkeit der Berücksichtigung der Materialdämpfung besteht darin, ein dämpfungsfreies FE-Modell der Gummizwischenlage zu erstellen und im Mehrkörpersystem diesem elastischen Körper masselose nichtlineare Dämpfer parallelzuschalten. Diese Modellierungsmöglichkeiten sind untereinander in bezug auf Effizienz und Genauigkeit zu vergleichen und in ihrer Eignung für dieses Projekt zu bewerten.

Zur Implementierung stochastischer Gleislagestörungen als Anregung kann auf die im ersten Projektteil erarbeiteten Spektrialdichtefunktionen und damit verbundenen Methoden zurückgegriffen werden. Auch hier sollen als Störprofile die laterale und vertikale Ausrichtung, die Querneigung und die Spurweitenänderung berücksichtigt werden. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn AG sind weiterhin Einzelstörungen wie z.B. Weichenüberfahrten als Anregungselemente zu definieren sowie in bezug auf die Häufigkeit ihres Auftretens und die Geschwindigkeiten, mit denen sie überfahren werden, zu klassifizieren.

Das Finite-Elemente-Modell des Drehgestellrahmens kann ebenfalls aus dem ersten Projektteil übernommen werden. Gegebenenfalls muß dieses Modell noch an die spezielle Konstruktion des radialelastischen Radsatzes angepaßt werden. Hierbei ist zu bemerken, daß es sich in diesem Projekt nicht um die Nachrechnung eines produzierten Drehgestells sondern um den Entwurf und systemdynamische Untersuchung eines ICE-Drehgestells mit radialelastischen Radsätzen handelt. Deshalb ist die Veränderung der Drehgestellrahmenkonstruktion erforderlich und gewünscht. Die Hauptabmessungen und die Befestigungspunkte der Anbauteile sollten jedoch möglichst unverändert aus dem Drehgestell MD 530 übernommen werden.

Die Untersuchung der dynamischen Eigenschaften des Gesamtsystems betreffen hauptsächlich die Eigenformen und -frequenzen des nichterregten Systems sowie die Simulation unter der oben genannten Anregung. Dabei wird besonderes Gewicht auf die Relativbewegung des Radreifens gegenüber der Radscheibe sowie auf die Kraftverläufe in der Rad/Schiene-, der Primär- und der Sekundärkopplung gelegt.

Aus den Zeitschrieben der Koordinaten der elastischen Deformation, auch elastische Koordinaten genannt, kann man dann die zeitlich veränderliche Spannungsverteilung im gesamten Drehgestellrahmen bestimmen und grafisch darstellen. Die dazu erforderlichen Methoden werden im noch verbleibenden Zeitraum des ersten Projektteils entwickelt, sodaß sie zu Beginn dieses Projektteils zur Verfügung stehen. So können die Stellen sehr hoher bzw. sehr niedriger Spannungskonzentration leicht lokalisiert werden. Die Kenntnis dieser Bauteilzonen ermöglicht die gezielte Anwendung der Methoden des Leichtbaus. Dies sind zum Beispiel Materialaussparungen in Bereichen geringer Spannungen oder die Anbringung von Prägungen zur Erhöhung der Steifigkeit. An den Stellen hoher Spannungskonzentration ist die Dauerfestigkeit auf der Basis der Spannung im Kerbgrund nachzuweisen. Da eine gute Materialausnutzung angestrebt wird, ergibt sich ein iterativer Prozeß, der von den einander abwechselnden Schritten der Konstruktionsänderung und der Kontrolle der Dauerfestigkeit geprägt ist. Hierbei zeigt sich eine besondere Stärke der Modellierung als Elastisches Mehrkörpersystem. Konstruktive Maßnahmen am Drehgestellrahmen bewirken eine Veränderung des Gesamtsystemverhaltens, z.B. höhere oder niedrigere Eigenfrequenzen. Daraus ergeben sich ebenfalls Änderungen in den Spannungsschrieben des Drehgestellrahmens. Bei der alternativen Methode der Aufprägung von an MKS-Modellen gewonnenen Kraftschrieben auf FE-Modelle werden diese Veränderungen des Systemverhaltens nicht berücksichtigt.

Weiterhin soll die Radscheibe elastisch modelliert werden. Wie auch beim Drehgestellrahmen soll ein FE-Modell erstellt, daraus die Ortsintegralmatrizen gewonnen und diese als Charakterisierung der elastischen Eigenschaften dieses Körpers in das EMKS eingebunden werden. Über die Ermittlung der Spannungsverteilung erfolgt die Lokalisierung der kritischen Zonen. Auch hier schließt sich der iterative Prozeß der Konstruktionsänderung und des Nachweises der Dauerfestigkeit an.

Durch die Vernetzung der einzelnen Teilaufgaben untereinander sind sie teilweise parallel zu bearbeiten. Die genannten Aufgaben sind ebenso wie im ersten Projektabschnitt nur in enger Zusammenarbeit mit dem Projekt "Rotordynamik" zu lösen.

   
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